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Mittwoch, 1. September 2010

Bedingungslose Freundschaft

Wie Jesus über die Freundschaft zu ihm spricht, daran habe ich mich bisher immer gestoßen. Es klang so nach Bedingungen: Ich mag euch (nur dann?), wenn ihr tut, was ich sage.
Die entsprechenden Sätze von ihm stehen in Johannes 15:

„Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben.“ – „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.“ (Joh 15,10.14)

In den letzten Tagen tauchten diese Sätze im Losungstext auf. Plötzlich konnte ich sie neu hören – und zwar, wie ich nun merke, so, wie sie schon immer da standen.

„Wenn ihr meine Gebote haltet, bleibt ihr in meiner Liebe“ – in einem Raum „bleiben“ kann ich nur, wenn ich zuvor schon drin war. Jesus sagt nicht: Durch den Gehorsam gelangt ihr in meine Liebe. Sondern in diesem Raum befinden wir uns bereits, unabhängig von Gebotserfüllung. Und nun können wir dort auch bleiben: indem wir ihm gehorsam sind. Aber der Gehorsam war nicht die Bedingung, in seine Liebe hineinzukommen.

Und auch der andere Satz: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.“ Jesus hat nicht gesagt: „Ich bin euer Freund nur dann, wenn ihr mir gehorcht.“ Jesus hat hier überhaupt keine Aussage über seine Freundschaft zu uns gemacht, sondern über unsere Freundschaft zu ihm gesprochen. Dass ich sein Freund bin, zeigt sich daran, dass ich ihm gehorche (und wenn ich ihm gehorche, spiegelt sich darin mein Vertrauen). Dass er aber mein Freund ist, ist ganz unabhängig von meinem Gehorsam. Seine Freundschaft zu mir begründet Jesus anders: „Euch aber habe ich Freunde genannt, weil ich euch alles kundgetan habe, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (15,15). Seine Freundschaft zu mir ist darin begründet, was Jesus tat, nicht in dem, was ich tue. Wenn ich ihm aber misstraue und daraus folgend nicht auf ihn höre, bin ich es, der den Raum seiner Freundschaft verlässt.

Ich erkenne endlich, wie bedingungslos Jesu Freundschaft ist. Die fraglichen Sätze aus Joh 15 haben ihren latent zynischen Charakter verloren. Ich bin richtig beglückt – und damit hat das, was Jesus über die Freundschaft sagte, endlich auch bei mir sein Ziel erreicht: „Das habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch sei und eure Freude vollkommen werde.“ (Joh 15,11)