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Donnerstag, 30. Dezember 2010

Work in Progress

Ich arbeite zur Zeit an einer Bibelarbeit, die ich Ende Januar auf einer Konferenz zu halten habe, und zwar über Römer 8, das letzte Drittel des Kapitels.
Ein Satz zum besondern Be-Brüten ist der bekannte Vers Röm 8,28.
Auf dem Bibel-Blog gebe ich ab und zu Einblick in die Entstehung der Bibelarbeit: hier die erste Notiz.

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Neues im Bibel-Blog

Bibel vor dem Klingeln des Weckers;
was neue Bibeln mir bedeuten;
ob Jesus Lehrer brauchte;
was wir wirklich von unseren "Vätern" lernen sollen;
wie die Bibel sich selbst vorwärts schreibt -
- darüber gibts was im Bibel-Blog zu lesen.

Samstag, 11. Dezember 2010

Römer 8

Ich versuche momentan, das Kapitel Römer 8 zu begreifen. Um es erst mal wahrzunehmen, habe ich es übersetzt. Hier meine derzeitige Version:

Römer 8
(1) Keine Verurteilung nun für die, die in Christus Jesus sind! (2) Denn das Gesetz des Geistes (und) des Lebens hat dich in Christus Jesus befreit vom Gesetz der Sünde und des Todes. ((O.: Denn das Gesetz des Geistes (und) des Lebens in Christus Jesus hat dich befreit vom Gesetz der Sünde und des Todes.))
(3) (Da ist) nämlich das Unvermögen des Gesetzes, weil es kraftlos ist durch die menschliche Natur: Gott sandte seinen eigenen Sohn, der (dabei) der menschlichen Natur gleich wurde; wegen der Sünde (tat Gott das) und verurteilte die Sünde in der menschlichen Natur, (4) damit die Rechtsforderung des Gesetzes erfüllt wird in uns, die wir unser Leben nicht gemäß der menschlichen Natur führen, sondern gemäß dem Geist.
(5) Wer nämlich in der menschlichen Natur aufgeht, dessen Gesinnung richtet sich auf die menschliche Natur, wer aber gemäß des Geistes (lebt), der ist auf das aus, was zum Geist gehört.
(6) Denn die Gesinnung der menschlichen Natur: der Tod (ist das), die Gesinnung des Geistes aber: (hier ist) Leben und Frieden – (7) weil die Gesinnung der menschlichen Natur feindlich gegen Gott ist, denn sie ordnet sich Gottes Gesetz nicht unter, sie kann das auch gar nicht. (8) Die aber in der menschlichen Natur aufgehen, können Gott nicht gefallen.

(9) Ihr aber, ihr geht nicht in der menschlichen Natur auf, sondern im Geist, wenn denn Gottes Geist in euch wohnt. Wenn aber jemand den Geist Christi nicht hat, gehört er ihm auch gar nicht. (10) Wenn aber Christus in euch ist, ist der Körper zwar tot wegen der Sünde, aber der Geist ist Leben wegen der Gerechtigkeit. (11) Wenn aber in euch der Geist dessen wohnt, der Christus von den Toten auferweckt hat, dann wird der, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Körper auferwecken durch seinen Geist, der in euch wohnt.
(12) Verpflichtet sind wir also nun, Geschwister, nicht der menschlichen Natur, so dass wir ihr gemäß leben müssten, (13) denn wenn ihr gemäß der menschlichen Natur lebt, werdet ihr sterben. Wenn ihr aber durch den Geist die Handlungsweisen des (sterblichen) Körpers abtötet, werdet ihr leben.

(14) Wer auch immer nämlich vom Geist Gottes geleitet wird, ist ein mündiges Kind Gottes. (15) Ihr habt ja keinen Sklavengeist bekommen, so dass ihr wieder in der Furcht angelangt wärt, sondern ihr habt einen Geist mündiger Kindschaft bekommen. Durch den rufen wir: Papa, Vater! (16) Eben dieser Geist bestätigt gemeinsam mit unserem (menschlichen) Geist: Wir sind Gottes Kinder. (17) Wenn aber Kinder, dann auch Erben. Erben Gottes, das wohl, aber (auch) Miterben mit Christus, wenn wir denn mit (ihm) leiden, damit wir auch mit (ihm) zu Ehren gebracht werden.

(18) Ich bewerte es nämlich so: Die Leiden der Gegenwart bedeuten nichts im Vergleich zur kommenden Hoheit, die uns enthüllt werden wird. (19) Denn die geschaffene Welt ist eine einzige gespannte Erwartung und blickt sehnsüchtig danach aus, dass die mündigen Kinder Gottes in Erscheinung treten. (20) Der Hinfälligkeit nämlich ist die geschaffene Welt unterstellt – nicht von sich aus, sondern es liegt an dem, der sie unterstellt hat. Sie ist zu der Hoffnung bestimmt, (21) dass auch diese (unsere) geschaffene Welt vom Sklavendienst unter der Vergänglichkeit befreit werden wird und die glanzvolle Freiheit der Kinder Gottes erreicht. (22) Wir wissen doch, dass die ganze Schöpfung mitseufzt und ebenfalls Geburtswehen erleidet, und das bis heute. (23) Und nicht nur das, sondern auch wir – wir haben doch die Anzahlung des Geistes bekommen (o.: schon einen ersten Anteil am Geist bekommen) – auch wir selbst seufzen tief aus uns heraus und warten darauf, unwiderruflich als Kinder (des Vaters) zu gelten, (das heißt: wir warten auf) unsere körperliche Erlösung. (24) Als wir gerettet wurden, sind wir nämlich zur Hoffnung bestimmt worden. Sichtbare Hoffnung aber ist keine Hoffnung. Denn wer schon sieht, was hofft der noch? (25) Wenn wir aber auf das, was wir nicht sehen, unsere Hoffnung setzen, dann warten wir (eben) mit Ausdauer.

(26) Auf eben diese Art und Weise aber kommt auch der Geist unserer Schwäche zu Hilfe. Was wir nämlich beten sollen und wie wir es angemessen (tun sollen), wissen wir nicht, aber eben dieser Geist tritt für uns ein (o.: verwendet sich für uns) mit wortlosen Seufzern. (27) Doch der die Herzen auslotet, kennt die Gesinnung des Geistes: dass er für Heilige eintritt, wie es Gott entspricht.

(28) Wir wissen aber dies: Denen, die Gott lieben, verhelfen alle Dinge zum Guten ((o.: Für die, die Gott lieben, wirken alle Dinge zum guten (Ergebnis) zusam­men; o.: Für die, die Gott lieben, fügt er alles zum gutem (Ergebnis) zusammen)): (an) denen (geschieht das), die nach dem Entschluss berufen sind. (29) Denn diejenigen, die er (schon) im Voraus in seine Gedanken einbezogen hat, die hat er auch vorab dazu bestimmt, dass ihr Leben die gleichen Konturen annimmt wie das seines Sohnes, so dass der (dann) der Älteste unter vielen Geschwistern ist (o.: so dass der dann zwar der Erste ist, aber um sich viele Geschwister hat).
(30) Diejenigen aber, denen er vorab eine Bestimmung gegeben hat, die hat er auch gerufen. Und diejenigen, die er gerufen hat, hat er auch gerecht gesprochen. Die aber, die er gerecht gesprochen hat, die hat er auch zu Ehren gebracht.

(31) Was bleibt uns da noch zu sagen? Wenn Gott für uns ist – wer ist dann noch gegen uns? (32) Wenn jemand (so weit geht und) seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle preisgibt (– so wie er es ja auch wirklich getan hat –), dann hat er uns mit ihm (doch auch gleich) alles (andere mit-)geschenkt. (O.: Derjenige, der doch unbestritten seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle preisgegeben – wie sollte der noch etwas anderes tun als uns mit ihm alles zu schenken?)

(33) Wer wird die von Gott Ausgesuchten (noch) beschuldigen? Gott ist (jedenfalls) der, der (sie) gerecht spricht. (34) Wer ist noch (da), der verurteilt? Christus Jesus ist der, der gestorben ist, mehr noch: der auferweckt wurde, der auch seinen Platz neben Gott zu seiner rechten Seite hat, der sich auch für uns verwendet. ((o.: (33) Wer wird die von Gott Ausgesuchten (noch) beschuldigen? Gott, der gerecht spricht? (34) Wer ist noch (da), der verurteilt? Christus Jesus, der gestorben ist? – mehr noch: der auf­erweckt wurde, der auch seinen Platz neben Gott zu seiner rechten Seite hat, der sich auch für uns verwendet?)) (35) Wer wird uns noch abtrennen von der Liebe des Christus? Druck oder Engpässe oder Verfolgung oder Hunger oder wenn wir nackt dastehen oder Gefahren oder Waffengewalt? (36) So steht es geschrieben:
Wegen dir sehen wir jeden Tag dem Tod ins Auge.
Wir gelten als Schafe auf der Schlachtbank.“
(37) Doch in all dem sind wir überlegene Sieger durch den, der uns geliebt hat. (38) Ich bin nämlich davon überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch herrschende Mächte, weder Gegenwärtiges noch Kommendes, auch keine Gewalten, (39) weder hoch Aufgerichtetes noch (unergründlich) Tiefes, auch nicht irgend ein anderes Geschöpf imstande ist, uns abzutrennen von Gottes Liebe, die in Christus Jesus da ist, unserem Herrn.

(V. 33+34: die Fragesätze über Gott und Christus Jesus nach einem Übersetzungsvorschlag von Josef Kürzinger.)

Dienstag, 7. Dezember 2010

Bei Gott - auch als ich dumm war

Das „Dennoch des Glaubens“ – eine wuchtige Formulierung. Sie gehört sicher zum frommen Standard-Vokabelvorrat. Sie leitet sich aus Psalm 73 her. Der Beter ist stark verwirrt und innerlich aus der Spur, weil es den Gottlosen so gut geht und ihm so schlecht. Aber dann kommt der Umschwung in Vers 23: „Dennoch bleibe ich stets bei dir …“

Es klingt so, als wäre der Beter vorher in seinen Gedanken auf dem Holzweg. Nicht bei Gott. Und als er dann endlich klar sah, wollte er wieder zurück in Gottes Nähe.

Auf den ersten Blick sieht es zumindest so aus. Aber wie so oft: Beim näheren Hinsehen ist es noch ein bisschen anders.

Mehr dazu im Bibel-Blog.

Dienstag, 30. November 2010

Brüder und Geschwister

Neuigkeiten im Bibel-Blog: Über einen Gesichtspunkt des Schriftverständnisses, das die Bibel selbst hat, habe ich hier geschrieben. Außerdem eine neue Notiz zur Sprache des Alten Testaments.

Freitag, 12. November 2010

Die Sprache des Alten Testaments

Über die Sprache des Alten Testaments habe ich hier etwas entdeckt.

Dienstag, 9. November 2010

Mit der Bibel in die Spur kommen

Wie die Bibel mich auf die richtige Spur setzt, steht hier.

Montag, 8. November 2010

Von der Wiege bis zur Bahre ...


Langeoog sehen und sterben -- eine Insel für jede Lebenslage:

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Wenn Gott asymmetrisch erscheint

Über die Einseitigkeit Gottes hatte ich früher schon mal was geschrieben.
Jetzt sind mir weitere Dinge aufgefallen -- ich habe sie im Bibel-Blog notiert.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Blog von Faszination Bibel

Seit einigen Tagen ist er online: Der Blog von faszination-bibel.net. Begleitend zum Magazin poste ich selbst und einige andere Autoren etwas über unsere Bibelleseerfahrungen -- also ähnlich wie hier im Wetter-Bericht. Der Bonus des Faszination-Bibel-Blogs: Leser kommentieren die Beiträge -- und das wird auch bereits genutzt.
Ich werde meinen Wetter-Bericht weiter bestücken. Bibel-Beiträge kommen jetzt zumeist im anderen Blog. Ich werde aber hier jeweils auf neue Beiträge hinweisen.
Und das andere: Das erste Heft von Fasziantion Bibel ist erschienen! Ich berichte hier über einige Beiträge aus diesem Heft.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Was heißt: gesegnet sein?

Vergangenen Sonntag – am 10.10.10. – war der „Micha-Sonntag“. Er erinnert mit Micha 6,8 an die Gerechtigkeit, die Gott von seinen Geschöpfen erwartet.
Die biblische Schriftlesung im Gottesdienst der FeG Marburg, den ich besucht habe, war der lange Abschnitt aus Matthäus 25,31-46: Jesu Rede vom Weltgericht. Die Menschen treten hier in zwei Gruppen vor den Richter: die Gerechten und die Verfluchten. Das wirft Fragen genug auf. Eine Sache aber sprang mir sofort ins Ohr:
Jesus redet die erste Gruppe an mit: „ihr Gesegneten“. Was meint er damit? Warum sind die, die Liebe praktiziert haben, gesegnet?
Der Segen besteht nicht darin, dass der Richter sie dann belohnt. Die „Belohnung“, die Konsequenz, wird vielmehr anders beschrieben: „Empfangt als Erbe das Reich, das für euch vorbereitet ist.“ Der Gedankengang ist: Ihr habt Zugang zum Reich Gottes <– denn <– ihr habt Liebe praktiziert.
Die Anrede „ihr Gesegneten“ kommt aber noch vorher. Sie bezieht sich nicht einfach auf die Belohnung. Worin besteht der Segen denn dann?
Antwortversuch 1: Diese Menschen sind handfest, materiell gesegnet. Denn sie besitzen etwas, mit dem sie „zu essen und zu trinken geben, beherbergen, bekleiden“ konnten. Sie haben Nahrung, Wohnung, Kleidung – Ausdrucksformen des Segens Gottes.
Antwortversuch 2: Sie sind gesegnet mit einem Leben, das Liebe enthält. Sie waren imstande zu teilen und das ist der Segen. Nicht das „Material“, das sie teilten, sondern die Bereitschaft und die Praxis des Teilens. Ob das dem Sinn des Textes nahe kommt?
Nächste Woche möchte ich hier noch einige weitere Beobachtungen zu diesem Bibelabschnitt zeigen, die meine Vermutung noch unterstützen – und weitere Ergebnisse der Rede Jesu zutage fördern.
Für heute habe ich nachzudenken darüber, was es heißt, gesegnet zu sein. In 2. Chronik 31,10 beschreibt der Hohepriester Asarja seine Sicht von Gottes Segen: Man hat materiell etwas für Gott abgegeben, man kam dabei selber nicht zu kurz, man konnte satt werden und es blieb noch etwas übrig. Das ist Segen – einschließlich des ersten Schrittes: Teilen.
Jesus spricht die „Gesegneten seines Vaters“ an. Was heißt: gesegnet sein? Mein Eindruck: Gesegnet ist, wer die Bereitschaft und die Praxis des Teilens in seinem Leben hat. Die Schönheit der Liebe und des Abgebens zu entdecken und daran Freude zu gewinnen – das ist Segen. Das Materielle kommt dann irgendwann auch noch.

Dienstag, 12. Oktober 2010

Gute Neuigkeiten für Pharisäer

„Gottes Königsherrschaft kommt nicht mit äußeren Zeichen“, hat Jesus gesagt, „sondern sie ist schon bei euch.“ (Lukas 17,20f. in Umschreibung) Das habe ich bisher immer so verstanden, als hätte es Jesus seinen Schülern, seinen Nachfolgern gesagt. Ganz ähnlich wie sein anderes Versprechen: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ So würde es auch ganz gut zum Gedankengang in Lukas 17 passen: Hier redet Jesus immer wieder seine Schüler bzw. die Apostel an.

Heute aber – „zufällig“ hab ich diese Sätze mal wieder gelesen – merke ich: Jesus hat das zu den Pharisäern gesagt. In deren Nähe ist also Gottes Königsherrschaft – und das, obwohl die ja nur wenig von ihr verstanden hatten. „Ihr kennt weder die Schrift noch die Kraft Gottes“, hatte Jesus ihnen mal bescheinigt.
Dennoch – die Königsherrschaft Gottes mitten unter ihnen? Oder gar in ihnen persönlich? Wie kann das sein?

Ich denke an den Start der Bergpredigt, Matthäus 5,1. Jesus spricht da zu einem doppelten Hörerkreis: zum ganzen Volk und zum „inneren Ring“ seiner Schüler. Alle gemeinsam hören z. B., wer „selig“, wer glücklich ist. Echten Sinn ergeben diese Seligpreisungen nur in Verbindung mit Jesus. Aber jeder, der es gehört hat, konnte es auf sich beziehen – Jesus hat bei der Bergpredigt den äußeren Ring, die Volksmenge, nicht ausgegrenzt.

Vielleicht ist es so ähnlich mit den Pharisäern. Auch sie hätten Zugang zu Gottes Königsherrschaft. Es ist nicht Jesus, der sie davon ausklammert.
Dennoch ist die Vorstellung ungewöhnlich und ich bin noch nicht zu Ende damit, über sie nachzudenken.

Was bedeutet der Satz Jesu für die Pharisäer? Was sind das für Leute, wenn Gottes Herrschaft bei ihnen ist?
Was bedeutet der Satz Jesu für das Wesen von Gottes Königsherrschaft?

Samstag, 2. Oktober 2010

Johannes und Paulus

Der Lehrtext von Freitag – Lehrtext ist der zweite Teil aus dem Neuen Testament in den täglichen Losungen – der Lehrtext von Freitag hat etwas Staunenswertes gezeigt.

„Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.“ Johannes 3,36

Hier wird eine positive Möglichkeit mit ihrem Gegenteil verglichen. Wer glaubt … und wer nicht gehorsam ist. Eine einfache gedankliche Struktur. Demnach ist das Gegenteil von Glauben: nicht gehorsam sein. Das ergibt Sinn, wenn Glauben gleich Gehorsam ist. Eine Haltung, die in sich klar wird, wenn wir sie bei Jesus ablesen: Der Sohn war dem Vater gehorsam, eben weil er ihm vertraute. So ist es ganz im Rahmen der Sprache und des Denkens des Johannesevangeliums.

Und nun das Besondere:

Johannes einerseits und Paulus andererseits haben je ihre eigene Sprach- und Denkwelt. Man kann da nichts vorschnell harmonisieren und sollte es auch nicht.
Aber unterirdisch gibt es doch verborgene Verbindungen. Die Sache mit dem Glauben und dem Gehorsam ist so eine. „Glaubensgehorsam“ ist ein wichtiger Schlüsselbegriff im Römerbrief. Den missversteht man leicht, etwa nach der Melodie: Wenn du glaubst, wirst du doch wohl auch hübsch gehorchen! Ein platter Anspruch wäre das. Aber Glauben ist in der Bibel Vertrauen. Man übersetze bei Paulus also: „Vertrauensgehorsam“. Aus dem Vertrauen entspringt das Horchen und Gehorchen. Gehorsam ohne Vertrauen wäre falsch – wäre Unglaube trotz formal richtiger Tat.

Und nun taucht dieses Paulus-Grundwort verborgen auch bei Johannes auf, auf seine Weise. Vertrauen = Gehorsam, Gehorsam = Vertrauen.

Die Einheit der Schrift sollte man nicht einfach nur behaupten oder gar verteidigen oder beweisen wollen. Aber man kann sie, wenn man sich zweckfrei Zeit nimmt, entdecken. Das gefällt mir besser.

Sonntag, 26. September 2010

Donnerstag, 23. September 2010

Meine Arbeit, sein Wirken

Ich habe es ausprobiert:

Mein Büro im Verlag ist durch eine Glaswand abgeteilt, in deren Mitte die Tür ist. Rechts und links davon habe ich je einen Zettel mit "Jachin" und "Boas" angeklebt. Immer wenn ich eintrete, sehe ich darauf.

Und es wirkt: Ich erinnere mich daran, dass Gott etwas vorhat. Mein Arbeitsplatz - sein Wirkungsfeld. Und ich komme zur Genüge auch darin vor.

Dienstag, 14. September 2010

Kardinal Ratzingers Kochrezepte?

Hat Joseph Ratzinger seinerzeit, in der Prä-Papa-Ära, auch Kochbücher veröffentlicht? Ein Vielschreiber, der zu jedem Thema was wusste?
Als ich jedenfalls in die Amazon-Suchleiste "Ratzinger, Salz der Erde" eingab, landete ich automatisch in der Kategorie "Küche & Haushalt"!

Samstag, 11. September 2010

Das Portal zu Gottes Gegenwart

Das Alte Testament enthält – im 2. Chronikbuch – einige Details zur Architektur des Tempels, wie Salomo ihn baute. Dabei erfahren wir auch etwas über das Eingangsportal zum Tempel – zu Gottes Gegenwart:

„Für die Vorderseite des Hauses machte er zwei Säulen von achtzehn Ellen Höhe. Das Kapitell auf ihnen maß fünf Ellen. Dazu schuf er kettenförmige Bänder und brachte sie oben auf den Säulen an. Auch machte er hundert Granatäpfel und befestigte sie an den kettenförmigen Bändern. Die Säulen stellte er vor dem Tempel auf, die eine auf der rechten, die andere auf der linken Seite. Die rechte nannte er Jachin, die linke Boas.“ (2. Chronik 3,15-17)

Wer in den Tempel ging, dessen Weg führte also zwischen diesen beiden Säulen hindurch.
Diese biblische Notiz gibt zu denken.

1. Es spiegelt sich hier das hebräische Schreiben: Man schreibt von rechts nach links. Wir hätten die linke Säule zuerst genannt – in diesem Bericht fängt es mit der rechten an. Dementsprechend müsste man es auch in einen Grundriss einzeichnen. Die farbige Illustration zu einer neuen Ausgabe der Übertragung „Hoffnung für alle“ hat die Säule „Jachin“ nach links und „Boas“ nach rechts versetzt. Vermutlich ein Versehen des Grafikers, der ganz automatisch (und un-hebräisch) von links nach rechts dachte.

2. Die beiden hebräischen Namen der Säulen klingen für uns beide gleichermaßen fremdartig. Im Hebräischen haben diese Namen aber einen ganz verschiedenen Sprach-Charakter. Beide sind eigentlich kleine Sätze – in einem Wort.
„Jachin“ bedeutet: „Er wird aufrichten“ oder „Er gründet fest“. Gemeint ist natürlich Gott. Ein Satz, der aus nur einem Verb besteht: Ein Satz voller Handlung, Aktion, zusammengezogen in einem Wort.
„Boas“ bedeutet: „In ihm ist Kraft.“ Dieser Satz ist eine Zusammensetzung von zwei Wörtern. Wörtlich heißt es: „In-ihm-Kraft“. Dabei ist „in ihm“ der eine und „Kraft“ der andere Bestandteil. Die Sprachform dieses Satzes heißt Nominalsatz. Das Verb fehlt und wird sinngemäß ergänzt: „In-ihm-[ist]-Kraft“. Dieser Name, dieser Satz klingt also vom Sprachcharakter her statisch. Zwei Ausdrücke werden zusammengesetzt und miteinander verbunden – quasi „1+1“. (Eine hebräisch gängige und korrekte Ausdrucksweise.) Dagegen ist „Jachin“ ein mit Bewegung aufgeladener Ausdruck, nicht statisch, sondern dynamisch.

Das Portal zu Gottes Gegenwart ist flankiert von zwei sehr unterschiedlichen Gebilden: einem bewegten und einem festen. (Die alte griechische Übersetzung des Alten Testaments, die Septuaginta, hat diese Spannung eingeebnet und zwei Begriffe daraus gemacht: „Gründung“ und „Stärke“. Begriff neben Begriff. Nur noch Statik. „Stein auf Stein, Stein auf Stein“ – ein solcher Sprachcharakter an dieser Stelle. Schade.)

3. Das Subjekt von „Jachin“ ist Gott. „Jachin“ sagt: Er tut. Er hat das Heft des Handelns in der Hand. Das Subjekt von „Boas“ ist eine Sache: Kraft. Der Name der rechten Säule knüpft bei einer Person an – bei Gott selbst. Der Name der linken Säule knüpft dagegen bei einem Gegenstand an, einem „Thema“.

4. Wer den Weg in Gottes Gegenwart sucht (im Gebet, im Gottesdienst, in der Heiligen Schrift, in der Stille …), hat meist seine Bedürfnisse. Das ist ur-menschlich. Das ist vor Gott in Ordnung so und ehrt ihn, wenn Menschen mit ihren Bedürfnissen nicht bei sich bleiben, sondern zu ihm kommen. Viele suchen bei Gott Hilfe für ihr Leben und nicht selten beten sie um Kraft.

Wer durch das Zwei-Säulen-Portal in Gottes Gegenwart kommt, der erfährt: Mein Bedürfnis, mein Thema, das ich mitbringe, kommt hier vor. Aber es ist nicht das Ganze. Es wird an seinen begrenzten Ort gestellt. Das Gegenüber zu „meinem Thema“ ist – Gott selbst. Das, was er will. Er handelt. Es geht um mich – aber es geht nicht allein um mich. Nicht nur ich will etwas vom Leben. Gott will auch etwas. Ich bin angewiesen auf die nötige Kraft, ja; ich bin angewiesen auf mein tägliches Brot. Aber darüber hinaus ist Gott da, der etwas tut: sein Reich aufrichtet. Gott, der etwas will – sogar fordert: dass sein Name geheiligt wird, dass sein Wille geschieht.

Mein Bedürfnis, „mein Thema“ wird dadurch nicht heruntergespielt. Aber begrenzt. Der Weg in Gottes Gegenwart hinein durch dieses Zwei-Säulen-Portal formt mich. Da muss ich durch.

5. „Jachin“ sagt: Du kommst wirklich in Gottes Gegenwart. Du kommst zu einem handelnden, bewegten, lebendigen Gott. – Ich werde also weggezogen von mir. Meine Verkrümmung in mich selbst wird aufgebrochen. Ich werde von mir weg, zu ihm hingezogen. Ich kann mich auf ihn verlassen: mich selbst verlassen, in Richtung auf ihn hin. Das richtet mich auf, hebt meinen Blick.

„Boas“ sagt: Kraft ist in ihm. Richte dich also auf ihn aus. Bleib nicht hängen in deinen Bedürfnissen. Sei bereit, das Thema zu wechseln. Kraft? Ja, er weiß, dass du sie brauchst. Sie ist in ihm. Orientiere dich um, weg von der Gabe, hin zum Geber.

6. „Jachin“ sagt aber auch: Er handelt, er tut, er will – aber für seine Menschen. Die richtet er auf. Die gründet er fest. Darauf zielen seine Absichten. So sehr es um Gott geht und um das, was er will – Gott muss nicht aufgerichtet werden. Nicht gegründet werden. Gott ist ewig aufrecht und fest. Er richtet auf – an anderen also tut er das. Weil Gott – in all seiner Heiligkeit – nichts als Liebe ist, handelt er rettend und segnend an seinen Menschen. „Jachin“ beschreibt diese Ausrichtung Gottes. Schon sein geheimnisvoller Name „JHWH“ sagte ja: Ich bin (nicht an und für sich, nicht nur für mich, sondern) für euch da.

Wenn ich in Gottes Gegenwart gehe und wenn mich „Jachin“ daran erinnert, dass ich von mir loskommen und mich auf ihn hin orientieren muss – dann merke ich zugleich: Für mich ist dann doch gesorgt. Ich verliere mich in ihn, komme selber aber nicht zu kurz dabei. Jesus (der den Tempel Salomos mit den beiden Säulen nie betrat, weil der längst zerstört und ersetzt war) – Jesus sagte: Wer sein Leben verliert, wird es finden.

„Boas“ sagt auch: In ihm ist sie: die Stärke. Das, was ich brauche, finde ich in ihm. Ich finde Gott und damit das, was ich sonst noch nötig habe. In ihm ist nicht Gleichgültigkeit, nicht Willkür, nicht despotische Unterwerfungs-Forderung, sondern Stärke. Für mich ist gesorgt in ihm.

7. Wenn ich in Gottes Gegenwart gehe, dann suche ich heute keinen Tempel auf. Er lässt sich vielmehr finden im Gebet, im Gottesdienst, in der Heiligen Schrift, in der Stille, wenn ich dienend etwas für andere tue … Die beiden Säulen sind Geschichte. Aber dennoch nicht von gestern. Sie beschreiben zunächst ein Bewusstsein, das angemessen ist und mich in guter Weise formt, wenn ich Gott aufsuche.

Bewusstsein prägt sich aber oft durch äußere Gegebenheiten. Also wäre es doch ein guter Vorschlag für heutige Kirchenarchitekten, rechts und links an die Kirchentür Säulen oder Tafeln mit „Jachin“ und „Boas“ anzubringen? Sollte ich mir Schilder an meine Haustür machen – auch zu Hause lebe ich ja im Namen Gottes und erwarte sein Reich?
Oder Zettel rechts und links an den Türrahmen meiner Bürotür? Oder an die Ränder meines Bildschirms? Als Zeichen der Rahmenbedingungen meines "Gottesdienstes im Alltag"?
Soll ich „Jachin“ auf den vorderen Buchdeckel meiner Bibel schreiben und „Boas“ auf den hinteren? Vielleicht könnte ich leise „Jachin“ und „Boas“ vor mich hinmurmeln, bevor der Gottesdienst beginnt?

Egal, welche Form ich finde: Das Zwei-Säulen-Portal als Zugang zu Gottes Gegenwart sollte nicht im 2. Chronikbuch versteckt und vergessen bleiben. Ich möchte mich daran erinnern. Ich will da durch müssen und geformt werden.

Mittwoch, 1. September 2010

Bedingungslose Freundschaft

Wie Jesus über die Freundschaft zu ihm spricht, daran habe ich mich bisher immer gestoßen. Es klang so nach Bedingungen: Ich mag euch (nur dann?), wenn ihr tut, was ich sage.
Die entsprechenden Sätze von ihm stehen in Johannes 15:

„Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben.“ – „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.“ (Joh 15,10.14)

In den letzten Tagen tauchten diese Sätze im Losungstext auf. Plötzlich konnte ich sie neu hören – und zwar, wie ich nun merke, so, wie sie schon immer da standen.

„Wenn ihr meine Gebote haltet, bleibt ihr in meiner Liebe“ – in einem Raum „bleiben“ kann ich nur, wenn ich zuvor schon drin war. Jesus sagt nicht: Durch den Gehorsam gelangt ihr in meine Liebe. Sondern in diesem Raum befinden wir uns bereits, unabhängig von Gebotserfüllung. Und nun können wir dort auch bleiben: indem wir ihm gehorsam sind. Aber der Gehorsam war nicht die Bedingung, in seine Liebe hineinzukommen.

Und auch der andere Satz: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.“ Jesus hat nicht gesagt: „Ich bin euer Freund nur dann, wenn ihr mir gehorcht.“ Jesus hat hier überhaupt keine Aussage über seine Freundschaft zu uns gemacht, sondern über unsere Freundschaft zu ihm gesprochen. Dass ich sein Freund bin, zeigt sich daran, dass ich ihm gehorche (und wenn ich ihm gehorche, spiegelt sich darin mein Vertrauen). Dass er aber mein Freund ist, ist ganz unabhängig von meinem Gehorsam. Seine Freundschaft zu mir begründet Jesus anders: „Euch aber habe ich Freunde genannt, weil ich euch alles kundgetan habe, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (15,15). Seine Freundschaft zu mir ist darin begründet, was Jesus tat, nicht in dem, was ich tue. Wenn ich ihm aber misstraue und daraus folgend nicht auf ihn höre, bin ich es, der den Raum seiner Freundschaft verlässt.

Ich erkenne endlich, wie bedingungslos Jesu Freundschaft ist. Die fraglichen Sätze aus Joh 15 haben ihren latent zynischen Charakter verloren. Ich bin richtig beglückt – und damit hat das, was Jesus über die Freundschaft sagte, endlich auch bei mir sein Ziel erreicht: „Das habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch sei und eure Freude vollkommen werde.“ (Joh 15,11)

Montag, 30. August 2010

Lebensmotto

In der Kirche fiel mir der Prospekt eines christlichen T-Shirt-Bedruckers in die Hände. Unter den vielen witzigen Sprüchen finde ich den hier am besten:

„Hör endlich auf, mich mit Jesus in Ruhe zu lassen!“

Samstag, 21. August 2010

Die Schelomit-Perspektive

Hart und ungepuffert stehen die Namen nebeneinander:

Samuel. Saul. Abner. Joab.

Zwischen jedem dieser Namen müsste eigentlich ein Aufschrei zu hören sein. Diese Menschen waren miteinander verkettet in Schmerz, Enttäuschung, Hass und Trauer.

Samuel und Saul: Samuel hatte als Mann Gottes und geistlicher Vater Saul ins Königsamt gebracht. Saul ist daran gescheitert, zuletzt manisch getrieben, quasi geisteskrank. Samuel musste ihm das Königtum – im Auftrag Gottes – wieder entziehen. Aber das war für Samuel ein Schnitt durch seine Seele, er machte Gott heftige Vorhaltungen über seine Pläne und betrauerte den Gescheiterten. Saul seinerseits versuchte noch nach Samuels Tod, ihn in panischer Verzweiflung anzusprechen – als Totenbeschwörer. Postmortale Ruhestörung.

Saul und Abner: Sie waren Cousins und arbeiteten zusammen. Abner war der Fünf-Sterne-General von König Saul. Saul hatte es nicht fertiggebracht abzudanken, obwohl er in Gottes Augen nicht mehr als König legitimiert war. Nach Sauls Tod „erbte“ General Abner Sauls Sohn als seinen neuen König. Loyal kämpfte er für diesen Thronnachfolger. Doch irgendwann überwarfen sie sich wegen einer Frauengeschichte. Abner lief zu Sauls Feind David über. Nach Abners Tod brach das Machtsystem des Sohnes Sauls hohl zusammen. Der König wurde, ohne dass ihn jemand verteidigte, nachts im Schlaf erstochen.

Abner und Joab: Joab war einer der mächtigsten Offiziere von David, schon bevor David ans Königtum gekommen war. Abner, damals noch Gegner Davids, wurde von Joabs Bruder Asahel im Kampf gejagt. Er ließ sich nicht von Abner warnen, der das böse Ende kommen sah. Schließlich tötete Abner den Bruder Joabs in einer Art militärischer Selbstverteidigung . Joab konnte das nicht verwinden und fand Gelegenheit zur Rache. Er brachte Abner um, auf eigene Rechnung und hinter dem Rücken seines Dienstherrn David. Der Autor Eugene Peterson charakterisiert beide, Abner und Joab, schlicht als „Dummköpfe“.

Samuel.
Saul.
Abner.
Joab.

Namen wie scharfkantige Scherben. Sie sind wie in einer Schicksalsgemeinschaft miteinander verkettet. Sie kamen kaum voneinander los – und doch herrschte Schmerz und Wahnsinn zwischen ihnen, Blut floss.

An einer Stelle in den biblischen Erzählungen stehen diese Namen still nebeneinander.

„Auch alles, was Samuel, der Seher, und Saul, der Sohn des Kisch, und Abner, der Sohn des Ner, und Joab, der Sohn der Zeruja, geheiligt hatten – all dieses Geheiligte war in der Hand Schelomits und seiner Brüder.“ (1. Chronik 26,27)

Hier fällt nun ein weiterer Name: Schelomit.

Schelomit war einer der Chef-Aufseher über die Opfergaben im Tempel. Die Israeliten hatten Gelegenheit, aus ihrem Vermögen etwas für den Tempeldienst zu stiften. Erfolgreiche Soldaten weihten einen Teil der Kriegsbeute Gott. Aber auch andere – wie der Prophet Samuel, ein Zivilist – brachten Vermögenswerte in den Tempel. Schelomit war einer der Verwalter darüber. Aber er (mit seinen Brüdern) hatte dabei noch eine spezielle Aufgabe: Er verwaltete auch alles, was diese vier Leute Gott geweiht hatten: Samuel, Saul, Abner und Joas.

Angenommen, Schelomit kannte die Geschichte dieser Männer: Was hat er wohl über deren Opfergaben gedacht? Wie hat er sie aufbewahrt? Eines jeden Sachen in eine separate Kammer? Oder friedlich nebeneinander ins selbe Regal, in dieselbe Truhe? Hat er den Kopf geschüttelt jedes mal, wenn er die Schätze durchzählte und blank polierte? Hat er sich gefragt: „Wie konnten die nur?“ Oder hat er mit einer Art versöhnlicher Milde alles extra nebeneinander platziert – vielleicht haben sich manche Gegenstände berührt? Schelomit, ich würde gern deine Gedanken kennen!

Samuel, Saul, Abner und Joas – keiner der vier Männer war gottlos gewesen! Alle gehörten zu Gottes Volk. Jeder hat seine Gaben mit der Geste und vermutlich auch der Haltung der Hingabe Gott geweiht.
Aber ihre Hingabe an Gott hat nicht dazu geführt, dass ihr Leben weniger tragisch verlaufen wäre. Die Glaubenden, die Frommen – ungemildert scharfkantig sind ihre Lebensgeschichten ineinander verkrallt.

Schelomit ist für mich ein Repräsentant Gottes. Was er zu tun hatte in der Schatzkammer des Tempels, das ist – so meine ich – Werk Gottes durch alle Zeiten hindurch. Seine Kinder versuchen recht und schlecht, aber meist in guter Absicht, Gott zu dienen. Aber untereinander fügen sie sich Verletzungen zu, töten mit Taten oder Worten oder Gedanken. Und viele meinen vermutlich, sie wären ein wenig näher an Gott als der jeweils andere – näher als die, die sie verletzt haben oder von denen sie verletzt wurden.

Ich glaube, Gott ist an dieser Stelle ähnlich wie Schelomit. Er sieht die Geschichte eines jeden. Absichten, Verstrickungen, Verblendungen, Vergehen, Übergriffe. Er hat das, was geschehen ist, nicht verhindert. (Höchstens Schlimmeres noch vielleicht verhindert … wer weiß?) Nichts wird ungeschehen gemacht . Möglicherweise fand Gott es hier und da auch zynisch, wie ein Täter dann fromm eine Opfergabe brachte – gottlos war ja keiner von ihnen.
Aber nun sind sie alle vor ihm. Menschen aus seinem Volk. Heute würden wir sagen: Menschen aus seinem durch Jesus erweiterten Volk. Angenommen, nach allen Wirrungen haben sie sich zu guter Letzt auf Jesus verlassen. Jeder ein Täter, viele ein Opfer, aber in Gottes überzeitlicher Perspektive sind sie beieinander. Gott kennt die Geschichte eines jeden. Der Hass untereinander war heftig. Aber irgendwann wird er verstummt sein.

Die Schelomit-Perspektive macht nichts ungeschehen. Aber sie ist eine höhere Warte. Die Schelomit-Perspektive rechnet damit, dass vor Gott Raum hat, was sich in diesem Leben dem Raum gegenseitig streitig gemacht hat. Die Schelomit-Perspektive ist hoffnungsvoll.

Sonntag, 15. August 2010

Was ist stark?

Als Jazzfreund habe ich noch nie Musik der Band „Wir sind Helden“ gehört. Und warum die Sängerin mit Nachnamen „Holofernes“ heißt und wieso sie sich nach einem gewaltdurstigen antiken babylonischen Offizier nennt – das weiß ich auch nicht.
Aber kürzlich in einem Interview hat Judith Holofernes etwas Nachdenkenswertes gesagt:

„Es ist eine Stärke, wenn man erkennt, wann man Hilfe braucht. Stärke besteht nicht aus Autarksein. Und Freunde sind da das beste Hilfsmittel.“

Freitag, 6. August 2010

Ein Ort für die Namenlosen

In der Geschichte des winzigen Staates Israel – fast immer von übermächtigen Gegnern umzingelt oder besetzt – gab es eine Epoche, wo man politisch bedeutend war: Das große Reich des Königs David. Der war insofern DER Spitzenpolitiker Israels.

Und doch betreibt die Bibel keine Hofberichterstattung und würde in ihren Geschichtsbüchern nur Erfolgsmeldungen eines Regierungssprechers bringen. Sondern es werden die Niederlagen und moralischen Fehltritte genauso aufgezeichnet. Ein starkes Argument für die Glaubwürdigkeit der Bibel: Sie betreibt Geschichtsschreibung auch gegen die eigene Staatspolitik. Wo sonst gäbe es noch so unabhängige Historiker in der Antike?

In den Davidsberichten finde ich aber noch mehr berührende Züge.

Die zweitbekannteste Episode ist wohl – nach David und Goliat – der Ehebruch Davids mit Batseba. Nachdem David sie geschwängert hat, lässt er ihren Mann töten, indem er ihn auf ein militärisches Himmelfahrtskommando schickt.
So weit, so bekannt, wenigstens für gewohnte Bibelleser.
Was ich aber jetzt erst entdeckte (nach dem Motto: „Viel Lesen hilft viel verstehen“):
Die Bibel bietet sorgfältig auch den namenlosen Opfern einen Ort. Das Himmelfahrtskommando bestand nicht nur aus Uria (dem unbequem gewordenen Ehemann von Batseba), sondern auch aus einigen von Davids anderen Soldaten. Auch sie wurden skrupellos in den Tod geschickt. Die Bibel nennt ihre Namen nicht, aber sie bewahrt das Gedächtnis an diese „mehrere anderen von Davids Kriegern“ (2. Samuel 11, 17+24).

Heute würde man eine Kerze zu ihrem Gedenken anzünden. Die ist dann irgendwann niedergebrannt. Die Bibel bewahrt das Gedächtnis an die Namenslosen auch noch nach 3000 Jahren.

Zachäus lebt!

Meldung vom 6.8.2010:

Es ist eine bisher beispiellose Initiative: 40 US-Milliardäre haben das Versprechen abgegeben, die Hälfte ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden - noch zu Lebzeiten oder zumindest nach ihrem Tod.
Mehr hier.

Die Hälfte des Vermögens … gab es das nicht schon mal?

„Zachäus aber trat vor den Herrn und sagte zu ihm: Herr, die Hälfte meines Besitzes will ich den Armen geben …“ (Lukas 19,8)

Zachäus lebt!

Dienstag, 13. Juli 2010

Theorie und Praxis

Es ist die bessere Reihenfolge, ein Haus erst zu renovieren und danach einzuziehen. Wir wissen es genau, denn wir haben es umgekehrt gemacht. Größeres Durcheinander erfordert noch bessere Planung. Aber die beste Planung schließt nicht jede Panne aus. Wir wissen es genau, denn wir haben es versucht …
Als unwiderlegbare Wahrheit hat sich dabei der Satz meines Bruders erwiesen:
„Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis größer als in der Theorie.“
Ach ja …

Abgesehen davon: Was meinte eigentlich Jesus zum Verhältnis von Theorie und Praxis?
Siehe Joh 7,17.

Mittwoch, 30. Juni 2010

Quantität bringt Qualität

Viel hilft viel. Manchmal. Meist gilt Quantität als Gegensatz von Qualität: Wer viel macht, kann es nicht so gut machen; wer etwas gut machen will, sollte weniger davon tun, das aber mit um so mehr Aufmerksamkeit.

Mir scheint, beim Bibel-Lesen ist es anders. Quantität bringt oft Qualität. Wer viel liest, liest besser.

Warum? Weil sechs Augen mehr sehen als zwei – und wenn man nur zwei Augen hat, aber dreimal liest, kommt man ungefähr zum selben Ergebnis.

Die wichtigsten Beobachtungen kommen selten beim ersten Lesen. Denselben Bericht, denselben Psalm immer wieder vornehmen, immer wieder durchgehen – das öffnet Augen. Das lässt irgendwann stolpern über Dinge, die tatsächlich da stehen, aber erst jetzt hat man sie gefunden.

Der Jazzpianist Bill Evans hatte kein riesiges Repertoire an Songs, die er interpretierte, sondern empfahl, ein bestimmtes Stück wieder und wieder vorzunehmen, auszuloten, neu zu entdecken. Ge­rade er wurde zum unübertroffenen und stilbildenden Jazzpiano-Neuerfinder.

„Quantität“, mehr und noch mehr: Das heißt nicht verbissen auf Menge zu arbeiten. Sondern in lo­ckerer Folge immer neue Anläufe nehmen, entspannt und aufmerksam. Spielerisch. (Wieder ähnlich wie beim Klavier: Das bedient man nicht und man holt nicht das Möglichste aus ihm her­aus, sondern man – spielt es!)

Viel hilft viel; viel Bibel hilft viel verstehen. Leistung ist nicht nötig. Bloß Neugier und Ausdauer.

Freitag, 18. Juni 2010

Gott ist einseitig

Ausgeglichene Menschen sind angenehme Menschen. Ist Gott ausgeglichen?
Sicher ist er nicht launisch. Wohl aber einseitig. Die vielgehörte Formel „Gott ist liebevoll und auch gerecht“ oder „Gott ist liebevoll, aber (!) auch gerecht“ stimmt nicht.
Was mir dazu am Herzen liegt, habe ich hier gesagt bzw. geschrieben..

Mittwoch, 16. Juni 2010

"Miteinander den Weg beschreiten"

Meinungsverschiedenheiten, Konflikte - muss das zur Entzweiung führen? Oder kann Verschiedenartigkeit verbinden?
Wie wäre es, wenn Augustinus' Leitlinie alle Christen prägen würde, die in den Gemeinden sich aneinander reiben?
Lieber Leser, wo du ebenso sicher bist wie ich, schreite mit mir zusammen voran;
wo du ebenso zögerst, suche mit mir zusammen;
wo du einsiehst, dass du geirrt hast, kehre zu mir zurück;
wo du bei mir einen Irrtum erkennst, bringe mich davon ab!
So wollen wir miteinander den Weg der Liebe beschreiten und zu ihm gehen, von dem die Schrift sagt: „Sucht sein Antlitz allezeit!“
(Augustinus, De Trinitate 1,3,5)