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Sonntag, 16. Januar 2011

Tauwetter und Gottes Wort

Was das Tauwetter mit Gottes Wort zu tun hat, steht hier im Bibel-Blog.

Dienstag, 11. Januar 2011

„Palästina“ – ein passender Name für das Land Israels?

In vielen Bibelerklärungen, Bibellexika und Bibelatlanten wird das Land Israels „Palästina“ genannt – z. B. dann, wenn man die geografische Lage zu einer bestimmten biblischen Epoche bezeichnen will.

Gegen diese Bezeichnung werden immer wieder Einwände vorgetragen, die den Ausdruck „Palästina“ mit einer anti-israelischen Tendenz oder Absicht in Verbindung bringen. Es sind vier verschiedene Gesichtspunkte, die genannt werden:

1. „Palästina“ leitet sich von den Philistern ab – den Feinden Israels seit alters. Es ist unangemessen, das Land von Gottes Volk nach dessen Feinden zu benennen.

2. Die Bezeichnung sei erst 135 n. Chr. aufgekommen – also sei es unhistorisch, „anachronistisch“, das Land in vorherigen Epochen so zu benennen.

3. Der Urheber der Bezeichnung sei Kaiser Hadrian gewesen, der damit eine dezidiert antijüdische Absicht verband. Das Land sollte so den Juden auch vom Namen her entwunden werden – einer von vielen Schritten, Juden auszutilgen.

4. Heute verbindet jeder das Wort „Palästina“ mit den heutigen Palästinensern. Wer diese geografische Bezeichnung verwendet, stärke also deren Besitzanspruch auf das Land Israels.

Aus diesen Gründen sei es nicht nur sachlich falsch, sondern geradezu ethisch geboten, die Bezeichnung „Palästina“ zu vermeiden

Vielleicht gibt es wirklich bessere Möglichkeiten, die Geografie des Landes Israels zu benennen. Die Formulierung „Land Israel“ wird ca. 30 mal in der Bibel verwendet, auch zweimal im Matthäusevangelium. Doch die Kritik an der Bezeichnung „Palästina“ ist in dieser Weise nicht zutreffend, vor allem historisch nicht:[1]

Die geografische Bezeichnung „Palästina“ ist nicht etwa erst durch die Römer im 1. Jahrhundert n. Chr. aufgekommen, sondern historisch weitaus früher nachweisbar.

Zunächst gibt es ein assyrisches Wort „pilistu“, das König Sargon II auf einem Prismafragment verwendet hat. Damit war wohl das Küstengebiet gemeint, also die Gegend der Philister. Juda wird eigens genannt, ist also von Philistäa zu unterscheiden. Der Beleg stammt aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. Die Assyrische Eponymenliste vermerkt für ungefähr das 7. Jahrhundert ebenfalls den Ortsnamen Pi-liš-ta.

Noch früher, im 12. Jahrhundert, wurde ein vergleichbarer Ortsname in einem ägyptischen Text verwendet (in den Medinet-Habu-Texten).[2]

Im 5. Jahrhundert v. Chr. benutzt der Geschichtsschreiber Herodot diese Ortsbezeichnung. Er meint damit offenbar nicht (allein) das Gebiet der Philisterstädte, sondern ein von Beschnittenen bewohntes Gebiet. Herodot nennt in seinem Bericht beschnittene Phoiniker (Küstenbewohner) und ebenso beschnittene Syrer in „Palaistina“. Später differenziert er und notiert, dass hellenisierte Phoiniker ihre Kinder nicht beschnittten (2,104). Die Philister sind jedenfalls nach Auskunft des Alten Testaments nicht beschnitten, sodass „Palaistina“ sich hier nicht auf das Philistergebiet beziehen kann, sondern Herodot ordnet es Beschnittenen zu.

Eine andere Stelle bei Herodot lautet:

„Denn nur durch Arabien ist der Zugang nach Ägypten offen. Von Phoinikien bis zum Gebiet der Stadt Kadytis wohnen nämlich Syrer, die sogenannten Palästiner.“ (3,5)

Kadytis wird mit der Philisterstadt Gaza identifiziert. Phönizien liegt deutlich jenseits des Philistergebiets. Die „Palästiner“ wohnten demnach nicht ausschließlich im Philistergebiet, sondern scheinen so weit ausgebreitet zu siedeln, dass man „nur durch Arabien“ nach Ägypten kam.

Aristoteles (4. Jahrhundert v. Chr.) kennt eine Überlieferung, nach der „Palästina“ um ein Meer herum angesiedelt ist, in dessen Wasser weder Mensch noch Tier versinken kann und in dem keine Fische leben. Es gibt keine andere Möglichkeit, als dies auf das Tote Meer zu beziehen. Um dieses Meer herum liegt nach Aristoteles „Palästina“. Das Philistergebiet an der Küste ist allerdings vom Toten Meer durch das judäische Bergland getrennt, kann also nicht gemeint sein.

Die Septuaginta übersetzt „Philister“ (peleshet / pelishtim) nicht mit dem –damals vorhandenen – Wort „Palaistinoi“, sondern mit „Philisteim“. Die „Palästiner“ werden also nicht mit den Philistern identifiziert.

Nach Philo von Alexandrien (25 v. Chr. bis 40 n. Chr.) wird das alte Land „Kanaan“ zu seiner Zeit „Palästina“ oder „Palästinisches Syrien“ genannt. Philo hatte als Jude keinerlei Anlass, mit dieser Bezeichnung land-enteignende Implikationen zu verbinden. Plinius d. Ä. notiert, dass der an Arabien grenzenden Teil von Syrien schon vor seiner Zeit (ca. 77 n. Chr.) „Palästina“ genannt wurde. Judäa ist davon zu unterscheiden – aber mit „Judäa“ ist der Norden des Landes Israels ja noch nicht erfasst. Josephus (ca. 37 bis nach 100 n. Chr.) verwendet „Palaistine“ mal für das Philistergebiet, mal für eine größere Region.

Es entsteht der Eindruck, als sei „Palästina“ bereits Jahrhunderte vor der Zeitenwende eine geografische Bezeichnung für eine Gegend gewesen, die mehr oder weniger auf das Gebiet des „Landes Israel“ anwendbar war. Keel / Küchler / Uehlinger resümieren: „So dürfte der geographische Name ‚Palästina‘ schließlich allg[emeine] Verbreitung gefunden haben, doch ohne einem bestimmten politisch einheitlichen Territorium zu entsprechen.“[3] Eine antijüdische Tendenz ist hier, soweit ich sehe, nicht erkennbar. Daher spricht nichts prinzipiell gegen eine Verwendung dieser Bezeichnung – zumal, wenn man berücksichtigt, dass geografische Bezeichnungen „wandern“, ohne dadurch ihre Verwendbarkeit eingebüßt zu haben. (Das heutige Polen z. B. ist nicht identisch mit dem Polen vor 80 Jahren – dennoch bezeichnet man den heutigen Staat als Polen.)

Die Absicht, Israel mit diesem Wort des verheißenen Landes zu enteignen, scheint erst mit der Verwendung als römische Provinzbezeichnung aufgekommen zu sein.

Aufgrund der Begriffsgeschichte muss man beim Begriff „Palästina“ nicht zwingend einen Anachronismus und eine antijüdische Tendenz vermuten.

Eine andere Frage ist, ob „Palästina“ die beste Bezeichnung für das Land Israels ist. Das Alte Testament verwendet des Öfteren (genauer: zehn Mal) die Umschreibung „von Dan bis Beer-Scheba“. Dieser Ausdruck hätte den Vorzug, dass er genuin biblisch ist, sich allein auf die Geografie beschränkt und auch für früheste Epochen anwendbar ist, als Israel noch gar nicht im versprochenen Land war (beide Siedlungen, Dan und Beer-Scheba, sind uralt). Zu überlegen ist, wie sich hieraus eine Bezeichnung bilden lässt, die sprachlich einigermaßen flüssig ist:

  • Dan-Beerscheba-Ausdehnung
  • Dan-Beerscheba-Gebiet
  • Das Land zwischen Dan und Beerscheba

Solange diese Lösung sprachlich nicht befriedigt, könnte man für die Zeit ab Josua „Land Israels“ sagen. Doch auch gegen den eingebürgerten Begriff „Palästina“ müsste es keine grundsätzlichen Einwände geben.

Als Ausblick kann man erwägen, ob die Herleitung von David Jacobson[4] haltbar oder sogar sinnvoll ist: „Palaistine“ sei hergeleitet von griechisch „Palaistes“, Kämpfer, und sei eine alte Übersetzung des Namens „Israel“: Gotteskämpfer. Im griechischen Sprachverständnis sei dieses Kurzwort für Israel durchaus plausibel gewesen. Diese Herleitung ist, soweit ich sehe, noch nicht breit in Für und Wider diskutiert worden. Wenn sie zutrifft oder einen zutreffenden Kern hat, wäre „Palästina“ umso weniger ein Gegen-Wort zu Israel oder den Juden.

Dr. Ulrich Wendel, Januar 2011

Quellentexte in deutscher Wiedergabe:

Sagron II über seinen Feldzug gegen Asdod; in einem Prismafragment (nach Gressmann, Altorientalische Texte zum Alten Testament, S. 351):

Um … von Philistäa, Juda, Edom und Moab, die am Meere wohnen, welche Abgabe [und] Geschenke für den Gott Ašur, meinen Herrn, zu bringen hatten, die Feindseligkeiten planten, Bosheiten (?) ohne Zahl, …

Vermerk in der Assyrischen Eponymenliste: http://www.archive.org/stream/keilinschriftlic1v2schr#page/n234/mode/1up

Herodot, Neun Bücher der Geschichte (nach der Übersetzung von Heinrich Stein, bearbeitet und ergänzt von Wolfgang Stammler, Essen 2006, S. 128):

Denn die Kolcher sind Ägyptier, das ist gewiss. […] Zweitens aber und vornehmlich daraus, weil allein unter allen Völkern die Kolcher, Ägyptier und Aithiopen sich von alters her zu beschneiden pflegen. Denn die Phoiniken und die Syrer in Palaistina geben selber zu, dass die diesen Brauch von den Ägyptiern gelernt haben … (2,104)

Aristoteles, Meteorologica 2,3 (nach http://classics.mit.edu/Aristotle/meteorology.2.ii.html; Übersetzung von U.W.):

Ferner: Wenn es da – wie man erzählt – einen See in Palästina gibt, der so beschaffen ist, dass man einen Menschen bindet oder ein Tier und wirft es in die Fluten und es versinkt nicht: dann wäre bestätigt, was wir vorher festgestellt haben. Man sagt, dass dieser See so bitter und salzig sei, dass kein Fisch darin leben könne, und wenn man Kleidungsstücke mit diesem Wasser nass macht, dass sie dadurch sauber würden.

(Lateinisch: http://www.archive.org/stream/aristotelisopera03arisrich#page/188/mode/1up, ab Zeile 18.)

Plinius 5,66 (nach Keel etc.; vgl. Anm. 3, S. 279):

Es [= Syrien] hat verschiedene Namen. Der an Arabien grenzende Teil wurde früher Palästina genannt, dann [kommen] Judäa und Coele, dann Phönizien und die Damaszene.


[1] Hintergrundinformationen in der englischen Wikipedia unter „Palestine“ und in folgendem Aufsatz: David Jacobson, When Palestine Meant Israel; BAR 27/2001, 43-47. Ich danke außerdem Guido Baltes für wichtige Hinweise.

[2] Edward Noort: Art. Philistines, in: The New Encyclopedia of Christianity Bd. 4, Grand Rapids 2005, 185.

[3] Othmar Keel / Max Küchler / Christoph Uehlinger: Orte und Landshaften der Bibel. Ein Handbuch und Studien-Reiseführer zum Heiligen Land. Band 1: Geographisch-geschichtliche Landeskunde. Einsiedeln / Göttingen 1984, 280.

[4] Vgl. Anm. 1.

Sonntag, 9. Januar 2011

Mal wieder eine Predigt

Seit letzen Sommer predige ich nichtg mehr regelmäßig, aber heute hab ich es getan. Die Predigt "Warum Jesus Bessers zu tun hat als unsere Probleme zu lösen" steht im Predigt-Blog "Herdenfutter" -- hier.