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Montag, 29. Dezember 2014

Die 'Jesus-Synagoge': Der Weihnachts-Fake 2014



„Synagoge in Israel entdeckt, in der auch Jesus gepredigt hat!“ Solche Nachrichten geistern derzeit durchs Internet. Kurz vor Weihnachten kamen sie auf – ganz passend zur Presse-Maschinerie, die zum Fest gern jesusbezogene Meldungen hervorbringt. Auch in Idea liest man die Nachricht: „Synagoge aus der Zeit Jesu entdeckt“. Idea ergänzt, dass – nach Auskunft von Wissenschaftlern – auch Jesus dort gepredigt habe.
Hat es einen solchen Fund vor wenigen Tagen wirklich gegeben? Wohl kaum. Was ist passiert?
In Israel wurde kürzlich Bausubstanz aus der Zeit der römischen Herrschaft entdeckt, und zwar im Gebiet der Golanhöhen. Für die Ausgräber ist die plausibelste Deutung die, dass es sich um eine Synagoge gehandelt hat. So z.B. dieser Bericht: http://www.biblicalarchaeology.org/daily/ancient-cultures/daily-life-and-practice/roman-era-structure-believed-to-be-synagogue-exposed-in-israel/
Das alles hat noch gar nichts mit Jesus zu tun. Nun findet sich aber auf machen Webseiten in Verbindung mit der oben genannten Meldung der Ortsname „Magdala“. z.B. hier: http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4608001,00.html. Aber was soll man sich unter „Magdala in Golan Heights“ vorstellen? Magdala liegt am See Genezareth. Und in der Tat: Hier hat man eine Synagoge gefunden. Es spricht vieles dafür, dass Jesus in diesem Ort gewesen ist. Daher schließt man, dass er auch in der Synagoge Gottesdienst gefeiert und vielleicht auch gepredigt hat. All das kann so gewesen sein.
Bloß: Dieser Fund ist schon mehrere Jahre alt und durchaus keine Sensation mehr. In der Neuauflage des Lexikons zur Bibel (SCM R.Brockhaus, Witten 2013) beispielsweise ist die Fundgeschichte beschrieben (Seite 761) und in Fotos dokumentiert (siehe auch Seite 737).
In der News-Maschinerie fließen nun die alte und die neue Meldung zusammen – es ist ja kurz vor Weihnachten! Und die Nachricht vom „neuen“ Fund breitet sich aus ... Meist ist es aber nur die Information über die längst bekannte Synagoge von Magdala. In aller Eile hat jemand sogar einen neuen Wikipedia-Eintrag „Synagoge (Magdala) erstellt – am 24.12.14, sehr spärlich mit altbekannten Informationen ausgestattet (https://de.wikipedia.org/wiki/Synagoge_%28Magdala%29).
Was bleibt? Man kann gern am 24.12. über die antike Synagoge von Magdala berichten, wie es z.B. die WELT tut (http://www.welt.de/politik/ausland/article135720377/Magdala-ein-Geschenk-Gottes-fuer-alle-Religionen.html). Bloß: Eine Neuentdeckung ist das nicht.

Sonntag, 28. Dezember 2014

Mittwoch, 4. Juni 2014

Kolosser 3,9-15

Eine Übersetzung mit ein paar Anleihen aus der Zürcher Bibel und der Neuen Genfer Übersetzung, aber ansonsten mit eigenem Klang, so hoffe ich:

9 Macht einander nichts vor. Ihr habt doch den alten Menschen und dessen Handlungen ausgezogen 10 und euch mit dem neuen Menschen bekleidet, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, sodass man ihn erkennen kann. 11 Da gibt es keinen Griechen oder Juden mehr, niemanden innerhalb oder außerhalb von Gottes Bund, keinen von primitiver Kultur oder einen Unzivilisierten, keinen Sklaven oder Freien, sondern alles und in allen ist Christus.

12 Also bekleidet euch – ihr seid ja Gottes ausgesuchte Heilige und Geliebte – bekleidet euch mit tiefem Erbarmen, Freundlichkeit, Bescheidenheit, Rücksichtnahme, Geduld. 13 Haltet es miteinander aus und vergebt euch gegenseitig, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat. Wie der Herr auch euch vergeben hat, so sollt ihr es auch tun. 14 Über dies alles aber zieht die Liebe an: So wird alles in vollkommener Weise zusammengehalten. 15 Und der Friede von Christus soll die entscheidende Instanz in euren Herzen sein. Zu diesem Frieden seid ihr auch berufen, ihr gehört einem einzigen Körper an. Seid auch dankbar.

Mittwoch, 23. April 2014

Von einem sperrigen Liedtext und einer Melodie, die Einspruch erhebt



„Gott ist noch Richter auf Erden“ – „Wer das Recht bricht, wird selbst zerbrochen“ – „Anklage gegen Menschen, die das Recht verdrehen“: Das sind Überschriften für den 58. Psalm in verschiedenen Bibelausgaben.

Das Gebet dieses Psalms geht mir nicht leicht über die Lippen. Die Gottlosen werden in all ihrer Gewalttätigkeit angeprangert, aber was der Beter ihnen wünscht, ist kaum weniger gewaltsam. Zugegeben: Sie sind die Täter. Sie tun anderen Böses an. Aber ist es nicht sehr einseitig, dass der Beter die Position des Gerechten einnimmt und sich an der Vergeltung freut, die Gott an den Gottlosen über wird oder soll? Schlägt das, wenn wir so beten, nicht sehr schnell in Selbstgerechtigkeit um? Macht das nicht blind für das Böse im eigenen Herzen?

Und wie soll ich als jemand, der an Jesus glaubt, folgenden Vers beten? „Freuen wird sich der Gerechte, wenn er die Rache anschaut; er watet im Blut des Gottlosen.“ (Vers 11) Bei aller Solidarität mit Gewaltopfern, bei aller Sehnsucht nach Gottes Gerechtigkeit – geht das nicht zu weit? Zwar stimmt es: Auch Jesus wird einmal als Richter kommen. Es wäre falsch, das auszublenden oder weichzuzeichnen. Aber wird Jesus als Richter dann Freude an der Vernichtung der Gottlosen haben? Wird er gern im Blut der Gottlosen waten? Oder wird bei seinem Urteilsspruch nicht vielmehr Schmerz über die Gottlosigkeit der Gottlosen mitschwingen?

Ich möchte den 58. Psalm als Gottes Wort respektieren. Aber ich kann ja nicht hinter das zurück, was ich bei Jesus gesehen habe – und auch schon beim barmherzigen Gott des Ersten Testaments. Wie also so einen Psalm lesen, beten?

Im ersten Vers hat dieser Psalm einen musikalischen Hinweis. Eine Melodie wird angegeben – angelehnt an ein damals offenbar bekanntes Lied. Dieser Psalm soll auf die Musik des Liedes mit dem Titel „Verdirb nicht“ gesungen werden. Wie das so ist mit bekannten Melodien: Wer sie hört oder singt, hört innerlich unwillkürlich den zugehörigen Text mit. Ob es den Israeliten mit dieser Musik auch so ging – sobald sie erklang, fiel ihnen ein: Das ist ja das Lied „Verdirb nicht“?

Diese Melodie steht in direktem Widerspruch zum Text dieses Psalms. Der Text fordert Vernichtung, die Melodie spricht sich dagegen aus. Ob das ein Schlüssel ist? Den Psalm in seiner Schroffheit stehen lassen, aber gleichzeitig eine andere Melodie dazu hören und „singen“ – die Jesusmelodie, die Melodie des Gottes, der „nicht von Herzen die Menschen plagt und betrübt“ (Klagelieder 3,33)? Würde der Text, der so weit entfernt von Jesus zu sein scheint, auf diese Weise angemessen eingeordnet, begrenzt, gedeutet?

Jedenfalls würde ich dabei nicht das Wort Gottes gegen ein verkürztes liebliches Jesusbild ausspielen. Sondern ich würde innerhalb des Wortes Gottes, Sektion Psalm 58, Vers 1 genauso ernst nehmen wie Vers 11. Und wenn ich dann diesen Psalm lese und zu beten versuche, höre ich die Melodie als „Subtext“ mit einer noch anderen Botschaft als die Verse 7-11. Ich bete dann „Zerschmettere, o Gott, ihre Zähne“ und bete gleichzeitig mitklingend: „Verdirb nicht“.