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Montag, 16. November 2015

Wie gut muss Kirche sein?

Relevante Gemeinde sein. Unsere Zeitgenossen mit dem Evangelium so erreichen, dass es sie wirklich erreicht. Das ist der Wunsch vieler Gemeinden und ihrer Mitglieder und Leiter. Um dorthin zu kommen, muss man sich schon reinhängen, das ergibt sich nicht nebenbei.

Wie aber sieht dieses „Reinhängen“ aus? Wie viel sollte man dafür geben? Ein Wort, das in diesem Zusammenhang immer wieder genannt wird, ist:

Exzellenz.

Mitarbeiter sollen in ihrem Bereich Exzellenz anstreben, um die beste Botschaft der Welt auf bestmögliche Weise zu kommunizieren. Damit ist schon gesagt: Es ist keine Perfektion gemeint. Es gibt keine von außen gesetzte Messlatte. Sondern das Beste, was jeder – individuell – geben kann, soll sie und er auch geben.

Ist Exzellenz ein sinnvolles Ziel? Ist Exzellenz nötig, um relevante Gemeinde zu sein? Kann man sich – und seine Mitarbeiter – auf Exzellenz verpflichten? Könnte man etwa sogar darüber predigen: „Gott will Exzellenz“?

Ich meine, diesem Ziel liegen einige gute Einsichten zugrunde, aber theoretisch enthält es auch eine Gefahr. Die Gefahr, dass man dasselbe Wort für eigene Ziele, Programme, Ambitionen einspannen kann – und seine Leute dann darauf verpflichtet. Gott sei Dank lebe ich in einer Gemeinde, wo ich diese Gefahr konkret nicht sehe. Dennoch macht mich dieser Wert, Exzellenz, nachdenklich.

Wie würde die Bibel das ausdrücken, was wir mit Exzellenz meinen? Gäbe es überhaupt einen entsprechenden Ausdruck? Ich sehe drei Zusammenhänge:

1. Hingabe

Hingabe richtet sich – biblisch recht verstanden – zuerst und zuletzt auf Gott. Er ist es, den wir lieben sollen: von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit all seiner Kraft und mit seinem ganzen Verstand (Lk 10,27). Zu dieser Hingabe gehört außer der Liebe auch die Anbetung. Der Dienst als Lebenshaltung. Treue. Und Leidensbereitschaft.

2. Haushalterschaft

Nachfolger von Jesus sind berufen, Haushalter zu sein und haushälterisch mit ihrem Gaben und Möglichkeiten umzugehen. Dazu gehört eben Verantwortung. Weisheit. Ein Bewusstsein davon, was ich kann und was nicht. Ich setzte Grenzen und halte Grenzen ein. Und fülle den Raum innerhalb der Grenzen aus. Ja und Nein, tun und lassen. Altes und Neues verwalten und einsetzen (Mt 13,52).

3. Berufung

Die Berufung der Jesusleute besteht zunächst darin, mit Gottes Sohn verbunden zu sein, mit unserem Herrn Jesus Christus (1Kor 1,9). Von da aus gibt es individuelle Berufungen. Begabungen. Die Befähigung durch Gottes Geist und den Rückenwind durch ihn. Aus der Berufung ergibt sich Konzentration. Und Glaubensgewissheit.

Diese drei biblischen Zusammenhänge sind grundlegend.

Und Exzellenz?

Exzellenz ist für mich der Schnittpunkt dieser drei biblischen Begriffe. Spielen Hingabe, Haushalterschaft und Berufung zusammen, dann wird man exzellent arbeiten.


In Exzellenz sehe ich nun aber nicht den „Gipfel“, die Krönung dieser drei Begriffe. Sondern eher ein Produkt – eins unter anderen. Es ist ein abgeleiteter Wert, eine Haltung zweiter Ordnung. Exzellenz ist vor Gott nicht gleichwertig mit Hingabe, Haushalterschaft und Berufung. Über die drei letztgenannten Dinge kann man predigen. Über Exzellenz an sich eigentlich nicht. Die Gefahr wäre zu groß, dass ein zweitrangiges Ziel zum Willen Gottes erklärt wird und – ja, dann vielleicht doch – die Verkündigung des Wortes Gottes zu direkt für strategische Etappenziele in der Gemeinde eingespannt wird. Über Exzellenz kann man lehren, Seminare halten, diskutieren. Aber nicht predigen. Exzellenz ist nicht so nah am Herzen Gottes wie Hingabe, Haushalterschaft und Berufung.

Und auch die Barmherzigkeit ist näher am Herzen Gottes als Exzellenz. Es gibt zu denken, dass gerade diese beiden Sätze in der Bibel sachlich parallel stehen: „Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“„Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist!“ (Mt 5,48; Lk 6,36). Wenn Exzellenz, dann keine unbarmherzige!

Und doch: Immer wird es Situationen geben, wo Exzellenz das Gebot der Stunde ist – wenn und weil man als Jesusnachfolger sich an Gott hingibt, haushälterische Verantwortung lebt und sich seiner Berufung bewusst ist. Für eine konkrete Aufgabe gibt man alles. Weniger einzusetzen, halbherzig arbeiten, das wäre dann Untreue. Aus der Liebe zu Gott ergibt sich dann Liebe zur Sache. Aber man wird beides nicht miteinander verwechseln.

Wie gut muss Kirche sein?

So gut es irgend geht, um Gott zu ehren und den Menschen zu dienen. Einer solchen Kirche wird man abspüren, dass es ihr nicht um Leistung geht. Nicht um Perfektion. Und auch nicht darum, dass sie gleichzieht mit den zeitgenössischen Standards, um nicht als Depp dazustehen. (Wenn Hingabe, Haushalterschaft und Berufung zusammenspielen, kann manchmal gerade das Ergebnis sein, dass man bereit ist, für Jesus als Depp dazustehen.) Wenn Kirche richtig gut ist, wird ihre Exzellenz gar nicht besonders auffallen. Weil es das größte Anliegen dieser Exzellenz ist, den Blick auf Christus zu lenken.