Die Auferstehung von Jesus ist für Christen das einzigartige, entscheidende Datum der Weltgeschichte. Von Anfang an sagten sie diese Botschaft weiter. In den ersten Wochen bestätigte Christus diese Botschaft, indem er einigen seiner Jünger körperlich erschien. Seitdem geht diese Nachricht um die Welt.
Die Strategie Gottes, um die Botschaft von Christus
durchzusetzen, ist aber eine eigenartige. Warum hat er sich dafür entschieden,
dass Christus nur seinen Jüngern erschien? Wie wirkungsvoll wäre es gewesen,
wenn er auch den Hohepriestern, Pharisäern und Schriftgelehrten erschienen
wäre! Hätten sie sich dann dem Messiasanspruch noch wirklich entziehen können?
Wie anfechtbar war dagegen die Predigt der Apostel, weil sie die Auferstehung
nur behaupten und bezeugen konnten! Seltsamerweise fragte damals niemand (zumindest
ist es uns nicht überliefert): „Wenn der Nazarener auferstanden ist — wo ist
der denn? Zeigt ihn uns doch.“ Einige der ersten Apostel-Predigten deuten zwar
auch die Himmelfahrt an — aber ziemlich verklausuliert. Hat das damals jemand
in seiner Bedeutung erfassen können?
Anfechtbare Botschaft, dünner Faden
Nach menschlichen Maßstäben war die erste christliche
Verkündigung also ziemlich geschwächt: Man soll an einen Gekreuzigten glauben?
Das ist widersinnig, er ist doch öffentlich widerlegt; Gott hat ihm nicht
geholfen, also muss er ihn verworfen haben. An einen Auferstandenen? Warum
sieht man nichts von ihm? Oder an einen in den Himmel Aufgenommenen? Wie soll
das geschehen sein? Oder meinen die Apostel etwa, er sei nach seinem Kreuzestod
direkt in den „Himmel“, in Gottes Gegenwart gekommen? Dann hat es ja wohl keine
Auferstehung gebraucht.
Die ganze christliche Botschaft hängt nur an einem dünnen
Faden: der Verkündigung der Apostel. Oder könnte man sie noch weiter absichern?
Nehmen wir eine zusammenfassende Formel aus dem 1.
Timotheusbrief hinzu:
„Wahrhaftig, groß ist das Geheimnis unserer Frömmigkeit: Er
wurde offenbart im Fleisch, gerechtfertigt durch den Geist, geschaut von den
Engeln, verkündet unter den Völkern, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die
Herrlichkeit“ (1Tim 3,16).
Offenbart wurde Jesus als irdischer Mensch — nicht als
Auferstandener. Geschaut wurde er (nach seiner Rechtfertigung im Geist, also
nach der Auferweckung) von den Engeln, nicht von den Menschen. Unter den
Völkern wurde er verkündigt; erschienen ist er ihnen nicht. Auf diese Weise
wurde er in der Welt geglaubt: nur aufgrund der Verkündigung. Da ist er wieder,
dieser dünne Faden.
In die Botschaft auferstanden?
In der Theologie des 20. Jahrhunderts hat sich die Auffassung
herausgebildet, dass Jesus (nur) in das Kerygma auferstanden sei, also nur in
die Verkündigung hinein. Das kann man auf zweierlei Weise verstehen: a) Jesus
ist gar nicht körperlich auferstanden, das Grab war nicht leer, er wird nur
durch die Verkündigung der Kirche am Leben gehalten. b) Jesus ist zwar körperlich
auferstanden und wurde dann in den Himmel aufgenommen, doch dafür gibt es nur Zeugenaussagen,
keine Beweise. Also ist es die Botschaft, die den Glauben an ihn weckt (oder
auch nicht). Unter diesem Vorzeichen wäre es nicht falsch zu sagen: Jesus ist
in die Verkündigung hinein auferstanden.
Wie kommt es dann, dass die Predigten der Apostel so
durchsetzungsfähig waren? An einigen Stellen geben sie ja zu, dass Jesus nur
seinen Anhängern erschienen ist und dass für die anderen nur die Verkündigung
bleibt (Apg 10,40-43; 13,31-32).
Doppelte Beglaubigung
Die ersten Predigten der Apostel beantworteten Fragen, die
unübersehbar in der Luft lagen, sie knüpften jeweils an ein übernatürliches
Geschehen an: die Ausgießung des Heiligen Geistes oder eine Krankenheilung. Das
war nicht nur am Anfang in Jerusalem so, sondern auch später, z.B. bei Paulus
(Gal 3,5). Noch zu seiner Zeit auf der Erde sprach Jesus von den „mitfolgenden
Zeichen“. Die Auferstehung wird also doppelt bezeugt: von der Aussage der
Apostel und — in Form von Kraftwirkungen — von Gott selbst. Ja, die Botschaft
hängt nur an dem dünnen Faden der Verkündigung, doch es kommt darauf an, was das
für eine Verkündigung ist. Dem Neuen Testament zufolge ist es eine Verkündung,
die im Normalfall von Zeichen bzw. Kraftwirkungen begleitet wird. Und wenn sie
das ist, dann ist der Faden doch nicht so dünn, wie er zunächst erscheint. Der
Heilige Geist bestätigt den Auferstandenen — ist vielleicht auch dies mit dem
Ausdruck „gerechtfertigt im Geist“ (1Tim 3,16) gemeint?
Die Auferstehung und ihre Botschaft ist also notwendig auf
den Heiligen Geist angewiesen. Ostern braucht Pfingsten.
Die Ereignisse des Heils gehören notwendig zusammen
Das ist eine Verbindung, die im Licht des Neuen Testaments gar
nicht so ungewöhnlich ist. Wir beobachten ja auch, dass der Karfreitag Ostern
braucht, d.h. dass der Kreuzestod von Jesus ohne die Auferstehung gar keine
Wirkung hat. Das Sühne- und Versöhnungsgeschehen wird erst durch die
Auferstehung in Kraft gesetzt: „Wegen unserer Verfehlungen wurde er hingegeben,
wegen unserer Gerechtmachung wurde er auferweckt“ (Röm 4,25). „Wenn aber
Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos, und ihr seid
immer noch in euren Sünden“ (1Kor 15,17). So wie also Karfreitag Ostern
braucht, so braucht Ostern Pfingsten.
Schlussfolgerung
Für mich ist eine unabweisbare Folge dieser Überlegungen, dass
ich anders für Predigt und Verkündigung beten will und werde. Ich werde
häufiger und konsequenter dafür beten, dass Gott selbst als Zeuge für seine
Botschaft auftritt. Einerseits, indem er das Wunder tut und Glauben in den
Herzen weckt (Apg 16,14), und andererseits, indem er sicht- oder spürbare
Zeichen schenkt, die die Predigten begleiten. Unter diesem Erwartungshorizont
möchte ich nicht mehr bleiben.