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Mittwoch, 30. Juni 2010

Quantität bringt Qualität

Viel hilft viel. Manchmal. Meist gilt Quantität als Gegensatz von Qualität: Wer viel macht, kann es nicht so gut machen; wer etwas gut machen will, sollte weniger davon tun, das aber mit um so mehr Aufmerksamkeit.

Mir scheint, beim Bibel-Lesen ist es anders. Quantität bringt oft Qualität. Wer viel liest, liest besser.

Warum? Weil sechs Augen mehr sehen als zwei – und wenn man nur zwei Augen hat, aber dreimal liest, kommt man ungefähr zum selben Ergebnis.

Die wichtigsten Beobachtungen kommen selten beim ersten Lesen. Denselben Bericht, denselben Psalm immer wieder vornehmen, immer wieder durchgehen – das öffnet Augen. Das lässt irgendwann stolpern über Dinge, die tatsächlich da stehen, aber erst jetzt hat man sie gefunden.

Der Jazzpianist Bill Evans hatte kein riesiges Repertoire an Songs, die er interpretierte, sondern empfahl, ein bestimmtes Stück wieder und wieder vorzunehmen, auszuloten, neu zu entdecken. Ge­rade er wurde zum unübertroffenen und stilbildenden Jazzpiano-Neuerfinder.

„Quantität“, mehr und noch mehr: Das heißt nicht verbissen auf Menge zu arbeiten. Sondern in lo­ckerer Folge immer neue Anläufe nehmen, entspannt und aufmerksam. Spielerisch. (Wieder ähnlich wie beim Klavier: Das bedient man nicht und man holt nicht das Möglichste aus ihm her­aus, sondern man – spielt es!)

Viel hilft viel; viel Bibel hilft viel verstehen. Leistung ist nicht nötig. Bloß Neugier und Ausdauer.