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Dienstag, 15. November 2011

Was Väter richtig machen können

Andreas – ein Verwandter von mir – ist Vater von vier Kindern und ich bewundere, wie er das schafft. Aber noch etwas hat er mir voraus: Er kennt Joasch. Ich habe den erst bewusst wahrgenommen, als er mir davon erzählte.
Joasch ist der Vater von Gideon, von dem im Richterbuch, Kapitel 6–8, berichtet wird. Gideon hatte eine unerwartete Begegnung mit Gott und bekam den Auftrag, er solle Gottes Volk, die Israeliten, befreien. Sie waren von Feinden bedrängt. Die erste Aktion aber richtete sich nicht gegen die Feinde, sondern gegen den verfälschten Glauben im eigenen Volk: Viele suchten nicht mehr nach Jahwe, dem Gott der Väter, sondern glaubten an Baal und die Göttin Aschera. Gideon sollte hier ein Zeichen setzen und den Altar Baals und das Götzenbild von Aschera verwüsten.
Das Pikante dabei: Der Altar gehörte Joasch, Gideons Vater. Außerdem lautete der Auftrag Gottes: Gideon solle für Jahwe einen Stier opfern (das Feuer genährt vom Holz des Götzenbildes), und auch den Stier sollte er von seinem Vater nehmen. Gideon hatte also alle Chancen, es sich nicht nur mit dem eigenen Volk zu verderben, sondern auch mit dem eigenen Vater. Tatsächlich hatte Gideon Angst vor der Reaktion seiner Sippe.
Dennoch traute er sich und führte bei Nacht und Nebel die Aktion durch. Doch schnell kam heraus, wer’s gewesen war. Vater Joasch (seit dieser Nacht um einen Stier und einen Altar ärmer) sollte seinen Sohn herausrücken, damit man ihn lynchen kann.
Und nun kommt der Moment, wo Joasch aus irgend einem Grund über sich hinauswächst, umschaltet, sich völlig anders als bisher orientiert. Er bricht mit der Loyalität zu Baal und Aschera und stellt sich voll und ganz hinter seinen Sohn:
»Aber Joasch erwiderte allen, die um ihn herumstanden: ›Wollt ihr Baal etwa verteidigen? Wollt ihr ihn retten? Wer für ihn kämpft, soll noch an diesem Morgen sterben! Wenn Baal tatsächlich ein Gott ist, wird er sich selbst dafür rächen, dass jemand seinen Altar eingerissen hat!‹ Von da an wurde Gideon Jerubbaal genannt, das bedeutet: ›Möge Baal sich selbst rächen‹, weil er den Altar des Baal eingerissen hatte.« (Richter 6,31+32)
Joasch begreift, dass sein Sohn Gideon ihm eine sehr große Erfahrung mit dem wahren Gott voraus hat. Er erfasst irgendwie, dass er selbst, Joasch, auf dem falschen Dampfer war. Plötzlich zweifelt er an seinem bisherigen Gott und an seiner bisherigen Religion. Er erkennt das an, was sein Sohn – über ihn hinausgehend – vom Gott der Väter erfahren hat. Er stellt sich dazu, schützt und fördert seinen Sohn. Auch um den Preis, dass er jetzt – mit Gideon – gegen das Volk steht. Vom verlorenen Stier schon gar nicht zu reden.
Für mich ist das ein wunderbares Beispiel dafür, was Väter richtig machen können: Nicht beim eigenen Lebensentwurf stehenbleiben, sondern mit den Kindern dort mitgehen, wo die näher zu Gott gelangen, konsequenter Jesus nachfolgen, besseres Gespür für Gottes Reich haben. Als Vater nicht nur davon profitieren, sondern das stärken und – im Rahmen der eigenen Möglichkeiten – weiter nach vorn bringen. Für Gideon entstand daraus eine neue Facette seiner Identität: eine wichtige Erfahrung in seinem Leben, die ihm einen neuen Namen eintrug.
Ich hoffe für Väter wie Andreas und mich, dass wir im richtigen Moment so sind wie Joasch.