Seitenübersicht

Samstag, 2. Oktober 2010

Johannes und Paulus

Der Lehrtext von Freitag – Lehrtext ist der zweite Teil aus dem Neuen Testament in den täglichen Losungen – der Lehrtext von Freitag hat etwas Staunenswertes gezeigt.

„Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.“ Johannes 3,36

Hier wird eine positive Möglichkeit mit ihrem Gegenteil verglichen. Wer glaubt … und wer nicht gehorsam ist. Eine einfache gedankliche Struktur. Demnach ist das Gegenteil von Glauben: nicht gehorsam sein. Das ergibt Sinn, wenn Glauben gleich Gehorsam ist. Eine Haltung, die in sich klar wird, wenn wir sie bei Jesus ablesen: Der Sohn war dem Vater gehorsam, eben weil er ihm vertraute. So ist es ganz im Rahmen der Sprache und des Denkens des Johannesevangeliums.

Und nun das Besondere:

Johannes einerseits und Paulus andererseits haben je ihre eigene Sprach- und Denkwelt. Man kann da nichts vorschnell harmonisieren und sollte es auch nicht.
Aber unterirdisch gibt es doch verborgene Verbindungen. Die Sache mit dem Glauben und dem Gehorsam ist so eine. „Glaubensgehorsam“ ist ein wichtiger Schlüsselbegriff im Römerbrief. Den missversteht man leicht, etwa nach der Melodie: Wenn du glaubst, wirst du doch wohl auch hübsch gehorchen! Ein platter Anspruch wäre das. Aber Glauben ist in der Bibel Vertrauen. Man übersetze bei Paulus also: „Vertrauensgehorsam“. Aus dem Vertrauen entspringt das Horchen und Gehorchen. Gehorsam ohne Vertrauen wäre falsch – wäre Unglaube trotz formal richtiger Tat.

Und nun taucht dieses Paulus-Grundwort verborgen auch bei Johannes auf, auf seine Weise. Vertrauen = Gehorsam, Gehorsam = Vertrauen.

Die Einheit der Schrift sollte man nicht einfach nur behaupten oder gar verteidigen oder beweisen wollen. Aber man kann sie, wenn man sich zweckfrei Zeit nimmt, entdecken. Das gefällt mir besser.