In der Geschichte des winzigen Staates Israel – fast immer von übermächtigen Gegnern umzingelt oder besetzt – gab es eine Epoche, wo man politisch bedeutend war: Das große Reich des Königs David. Der war insofern DER Spitzenpolitiker Israels.
Und doch betreibt die Bibel keine Hofberichterstattung und würde in ihren Geschichtsbüchern nur Erfolgsmeldungen eines Regierungssprechers bringen. Sondern es werden die Niederlagen und moralischen Fehltritte genauso aufgezeichnet. Ein starkes Argument für die Glaubwürdigkeit der Bibel: Sie betreibt Geschichtsschreibung auch gegen die eigene Staatspolitik. Wo sonst gäbe es noch so unabhängige Historiker in der Antike?
In den Davidsberichten finde ich aber noch mehr berührende Züge.
Die zweitbekannteste Episode ist wohl – nach David und Goliat – der Ehebruch Davids mit Batseba. Nachdem David sie geschwängert hat, lässt er ihren Mann töten, indem er ihn auf ein militärisches Himmelfahrtskommando schickt.
So weit, so bekannt, wenigstens für gewohnte Bibelleser.
Was ich aber jetzt erst entdeckte (nach dem Motto: „Viel Lesen hilft viel verstehen“):
Die Bibel bietet sorgfältig auch den namenlosen Opfern einen Ort. Das Himmelfahrtskommando bestand nicht nur aus Uria (dem unbequem gewordenen Ehemann von Batseba), sondern auch aus einigen von Davids anderen Soldaten. Auch sie wurden skrupellos in den Tod geschickt. Die Bibel nennt ihre Namen nicht, aber sie bewahrt das Gedächtnis an diese „mehrere anderen von Davids Kriegern“ (2. Samuel 11, 17+24).
Heute würde man eine Kerze zu ihrem Gedenken anzünden. Die ist dann irgendwann niedergebrannt. Die Bibel bewahrt das Gedächtnis an die Namenslosen auch noch nach 3000 Jahren.